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Aus der Praxis: Management-Buy-In [MBI] - Ein Weg zum Unternehmer

Grundsätzlich gibt es für einen Angestellten zwei aktive Wege, um Unternehmer zu werden. Man gründet [start up] oder kauft [MBI] eine Firma. Als start up kann man die Firma nach den eigenen Bedürfnissen „massschneidern“, fängt aber bei allem mit „Null“ an. Zudem ist eine Finanzierung durch Banken in der Regel schwierig. Kauft man eine Unternehmung, übernimmt man zwar gewachsene Strukturen, kann Ergebnisse aber einschätzen, erhält meist auch eine Finanzierung und erzielt ab dem ersten Tag ein Einkommen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist die Tatsache, dass ca. 95% aller Firmen die übernommen wurden, nach 5 Jahren immer noch am Markt sind. Bei Start-ups beträgt dieser Anteil, je nach Untersuchung, nur rund 50%.

Wir stellen hier ein paar wesentliche Punkte vor, die ein MBI beim Kauf einer Unternehmung unbedingt beachten sollte.

Suchkriterien

Zunächst gilt es eine Checkliste mit den wesentlichen Suchkriterien zu erarbeiten. Diese hilft dem zukünftigen Unternehmer auch, sich Klarheit über die wesentlichen Punkte zu verschaffen und sich auf diese bei der Auswahl einer Unternehmung und den anschliessenden Analysen zu konzentrieren. Selbstverständlich handelt es sich hier um einen iterativen Prozess, der das Suchprofil sukzessive verfeinert. Wesentliche Kriterien können z.B. sein:

  • Branche und Tätigkeitsart (Dienstleistung, Handel, Produktion)
  • Geographische Region
  • USP/Einzigartigkeiten
  • Nutzung eigener Erfahrungen und Kontakte
  • Kaufpreis, Finanzierungsmöglichkeiten
  • Herstellung eigener Produkte oder Lohnfertigung für Dritte oder eine Mischung
  • Spar- und Wachstumspotentiale
  • Einschätzung von Risiken: Klumpenrisiken bei Kunden, Lieferanten etc., Währung, Region
  • Wettbewerbssituation in der Branche
  • Ein- und Austrittsbarrieren
  • Was steht für die Kunden im Mittelpunkt: Qualität oder Preis
  • Grösse [Umsatz, Anzahl Mitarbeiter] sowie Expansionsmöglichkeiten und deren Kosten
  • Qualität der 2. Führungsebene
  • Nachhaltige Ertragssituation, zukünftige Ertragspotentiale
  • Sicherstellung/Notwendigkeit der Einarbeitung
  • Höhe der Beteiligung: Minderheit, Mehrheit, 100%
  • Bestehende Räumlichkeiten: Kauf, Miete [Kosten und Vertragslaufzeit]
  • Was unbedingt zu vermeiden ist bzw. Killer-Kriterien

Ist die Liste ausgefüllt, sollte man sich an einen erfahrenen M+A-Spezialisten wenden und dessen bestehende Mandate zu sichten und/oder das Vorgehen für eine eigene, aktive Ansprache abzustimmen.

Kaufpreis und Finanzierung

Bei den meisten MBI-Kandidaten reichen die eigenen Mittel für den Kauf der gewünschten Unternehmung nicht aus. Neben dem Bereich „Family and Friends“  [die hier generierten Beträge gelten für Dritte als Eigenkapital] kann die Unternehmung meist auch durch den Einsatz von Fremdkapital finanziert werden. Hierzu gehören neben der klassischen Bankfinanzierung auch ein Verkäuferdarlehen oder eine Earn-out-Komponente [ein Teil des Kaufpreises wird erst dann fällig, wenn bestimmte Annahmen erreicht worden sind]. Als Faustformel in der Schweiz gilt, dass die eigenen Mittel rund 1/3 des Kaufpreises ausmachen sollten. In Deutschland kann man Unternehmen, sofern alle Förderungsmöglichkeiten ausgenutzt sind, auch mit unter 20% Eigenkapital erwerben.

Entscheidend ist aber, dass man die fremden Mittel, je nach Branche, Situation der Unternehmung und eigener Risikobereitschaft, aus den versteuerten Erträgen [!] innerhalb von 5 bis spätestens 8 Jahren zurückzahlen kann.

Eine Bankfinanzierung erhält man in der Regel am einfachsten durch die eigene Bank oder die bestehende Hausbank der Unternehmung. Letztere kennt die Firma mit ihren Stärken und Schwächen und kann die Risiken meist auch gut einschätzen. Eine erste Anfrage bei der Bank sollte bereits mit der Präsentation eines fundierten Businessplanes erfolgen. Dieses Vorgehen erhöht die Glaubwürdigkeit des zukünftigen Unternehmers deutlich.

Businessplan

Die Erarbeitung eines aussagekräftigen Businessplanes [häufig kann man einen Vordruck auf der Homepage der Bank herunterladen] ist für einen MBI-Kandidaten von entscheidender Bedeutung. Er muss sich mit den Gegebenheiten sowie den Potentialen und Risiken der Unternehmung [siehe oben] auseinander setzen, die Zahlen und Zusammenhänge analysieren und seine Massnahmen und Entscheidungen nach einem Kauf festlegen und quantifizieren. In der Phase der Akquisition kann der Interessent seine Fragen auch noch mit dem Verkäufer oder den Mitarbeitern besprechen und hat auf diese Weise eine sehr steile Lernkurve. Aber es ist auch Vorsicht geboten, denn der Unternehmer möchte seine Firma zu einem möglichst hohen Preis verkaufen. Hier kann ein M+A-Berater mit seiner Erfahrung und Kreativität unterstützen und versuchen, eine für beide Seiten ausgewogene Lösung zu erarbeiten.

Kommt der MBI-Kandidat aber zu dem Ergebnis, dass das Risiko für ihn zu hoch ist kann er zu jeder Zeit Abstand von der geplanten Akquisition nehmen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Kurze Klammer: Hier liegt auch ein wesentlicher Unterschied zum start-up-Unternehmer. Dem Gründer einer Unternehmung fällt der Entschluss zum Abbruch meist wesentlich schwerer, da er seinen Job bereits aufgegeben und (erhebliche) Mittel in die Firma eingebracht hat, die er nicht so einfach abschreiben möchte. Zudem ist er schon als Unternehmer aufgetreten, und scheut sich häufig vor dem Eingeständnis, es nicht geschafft zu haben. Klammer geschlossen.

Kaufvertrag

Der Kaufvertrag ist das letztlich entscheidende Dokument zwischen dem Unternehmer und dem MBI. Hier empfiehlt sich die Unterstützung, neben einen erfahrenen Berater, durch einen Rechtsanwalt. In dieser Phase geht es auch darum, Optimierungspotentiale zu erkennen und zu nutzen und möglichst hohes Mass an Rechtssicherheit für beide Seiten zu erreichen. Werden in Deutschland Anteile einer GmbH erworben ist zudem eine Beurkundung durch einen Notar eine zwingende Vorschrift. Versuchen Sie mit dem Rechtsanwalt möglichst ein pauschales Honorar bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages zu vereinbaren und vergleichen Sie die Kosten von mehreren Anwälten. Noch ein Tipp: Die Honorare in grösseren Städten [z.B. in Zürich oder Stuttgart] liegen meist deutlich über denen in kleineren Gemeinden!

Gerne unterstützt Consultra auch MBI-Kandidaten bei dem Prozess die richtige Unternehmung in der Schweiz, Deutschland und Österreich zu finden und zu erwerben. Sprechen Sie uns an und gehen Sie auf unsere Homepage unter http://www.consultra-international.ch/aktuelle-projekte-und-news/gesucht-nachfolgerinvestor/ finden Sie laufend Angebote.

 

Autor: Dr. Michael Kuipers, St. Gallen im Dezember 2017