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Nachfolge: Familien mit Unternehmer-Gen

Nachfolgesorgen in Familienunternehmen? Diese Zahlen klingen mal ganz anders: Drei Viertel der Kinder von Familienunternehmern wollen innerhalb ihrer Unternehmen Karriere machen und auch die operative Führung übernehmen.

Für den Nachwuchs der deutschen Familienunternehmer ist die Übernahme unternehmerischer Verantwortung das wichtigste berufliche Ziel, sei es als Nachfolger oder als Gründer eines Start-ups. Das hat eine empirische Studie der Zeppelin Universität Friedrichshafen in Zusammenarbeit mit der Stiftung Familienunternehmen ergeben, die am Mittwoch vorgelegt wurde. Denn drei Viertel der Befragten wollen nicht nur Gesellschafter des Familienunternehmens sein, sondern auch operative Führung im elterlichen Unternehmen übernehmen. Für die Studie wurden 315 Söhne und Töchter aus Unternehmerfamilien im Alter zwischen 16 und 40 Jahren dieses Jahr befragt. Nach den Jahren 2010 und 2012 ist dies nach Angaben der Stiftung die größte Befragung mit Fokus auf die nachfolgende Generation in den deutschen Familienunternehmen.

Wie sich dabei zeigt, lastet auf der nächsten Generation aber auch ein hoher Erwartungsdruck: 83 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Eltern die Führungsnachfolge im Familienunternehmen von ihnen erwarteten. Die derzeit geplante Verschärfung der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird hingegen als Bedrohung der Nachfolgepläne gesehen: 65 Prozent der Befragten sagten, dass die Verschonung des Betriebsvermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer Voraussetzung für die Fortführung sei. „Während der Generationenübergang von außen oft nur als Risiko wahrgenommen wird, halten die Nachfolger die Phase des gemeinsamen Arbeitens für besonders geeignet, um Innovationen und Wachstum voranzubringen“, hat Reinhard Prügl festgestellt, der Autor der Studie und wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen (FIF).

Interessant ist auch ein Blick auf die Ziele der jungen Generation. Die Nachfolger wollten bevorzugt neue Geschäftsfelder erschließen und neue Produkte auf den Markt bringen (das gilt für 73 Prozent von ihnen) oder neue Prozesse und Organisationsstrukturen für das Unternehmen entwickeln (76 Prozent). „Dabei wünschen sie sich die Elterngeneration als Mentor und Diskussionspartner bei gleichzeitig klaren Regeln für die Übergabe“, sagt Prügl. 48 Prozent der Erben sagen, sie hätten ein ungeschriebenes gemeinsames Verständnis für die Rolle der Elterngeneration für die Zeit nach der Übergabe, während dies nur in 20 Prozent der Fälle schriftlich fixiert ist.

„Ein echter Wettbewerbsvorteil“

„Ein Familienunternehmen zu sein, dies ist aus Sicht der nächsten Generation ein echter Wettbewerbsvorteil“, stellt Prügl weiter fest. 57 Prozent bejahen dies in der Befragung und werden dies daher nicht nur gegenüber Mitarbeitern (84 Prozent), sondern künftig auch gegenüber Banken und Kunden betonen. Die potentiellen Nachfolger sind auch überzeugt (67 Prozent), dass die Positionierung als Familienunternehmen im Werben um Fach- und Führungskräfte hilft - und dass dieser Faktor angesichts des demographischen Wandels in Zukunft noch relevanter wird.

Es muss aber nicht immer nur der elterliche Betrieb sein. Für einen guten Teil der Befragten (39 Prozent) ist auch die Gründung eines eigenen Unternehmens eine realistische Option. „Die Bereitschaft, in die Firma der Familie einzusteigen, steht im Wettstreit mit dem Wunsch, ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Für welchen Weg man sich letztlich entscheidet, hängt stark davon ab, wie konkret der Übergang von der einen auf die andere Generation festgelegt ist“, wird Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen, in der entsprechenden Pressemitteilung zu den Ergebnissen der Studie zitiert.

„Es fällt auf, dass sich die Mehrheit der potentiellen Nachfolger (54 Prozent) auch die Arbeit im Team mit Fremdgeschäftsführern vorstellen kann. Insgesamt ist festzustellen, dass speziell bei größeren Familienunternehmen die Professionalisierung der Nachfolge einen deutlich höheren Grad erreicht hat als bei vorangegangenen Generationswechseln“, sagt Heidbreder.

Ein Verkauf des Familienunternehmens aber kommt allein für eine kleine Minderheit in Frage (12 Prozent). Als Angestellter in einem anderen Familienunternehmen sehen sich in Zukunft nur 14 Prozent, in einem Konzern 9 Prozent, im öffentlichen Dienst 5 Prozent.

Autor: Carsten Knop, verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung und Unternehmen bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Veröffentlicht am 04.11.2015 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung